Dienstag, 29. Mai 2012

Poltergeister

Vergangenen Samstag durfte ich zum ersten Mal in meinem Leben einem Polterabend beiwohnen. Was das Beziehungsglück meiner Freunde betrifft, wird es vermutlich nicht der letzte gewesen sein. Umso wichtiger also, darüber zu sprechen.

Schon beim vorabendlichen Heurigenbesuch wurde die Braut von zahlreichen Menschen beglückwünscht und mit Schnäpsen aller Art bedacht. Eine besonders interessierte Frau nahm den fremden Polterabend sofort gerne zum Anlass um über ihr Leben zu sprechen. Zwar konnte sie ihr Alter (32) erst nach Rücksprache mit ihrem Ehemann korrekt benennen, berichtete dann aber schließlich schwärmerisch, damals Wert auf eine schamanische Hochzeit gelegt zu haben. Grund (Zitat): „damit unsere Seelen sich verschmelzen tun. Wegan Bewusstsein und so, weißt eh..“. Alles klar.   

Unterwegs in die Innenstadt trat dann einmal mehr die Verständnislosigkeit unzähliger Wiener in den Vordergrund, welche die polter-mäßig verkleidete Braut misstrauisch beäugten und kopfschüttelnd abwertende Kommentare von sich gaben. Ein vorbeigehender Punk wünschte der Braut sogar sein ausdrücklichstes Beileid. 

Aussagen wie diese gingen aber dankenswerterweise unter. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass aufgrund des bereits im Großteil der Polterrunde vorhandenen ausgeprägten Damenspitzes, schon 90% der Aufmerksamkeit einer normalen Fortbewegung zugewendet werden mussten.

Im ersten Bezirk wurde schnell klar, dass man sobald die Dunkelheit eintritt, egal wie verrückt man aus eigener Sicht gekleidet ist, immer noch einer der Normalsten ist. So trafen wir Leute mit riesigen Gummi-Keulen, Menschen in allen möglichen und unmöglichen Tierkostümen und gefühlte 27 Polterrunden. 

Frauen mit Klopapier-Schleiern und Teufelshörnern oder gepeinigte Männeropfer von Junggesellenabenden mit Lipgloss und rosa Kleidern – der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Als mich aber dann direkt vorm Eingang zum Stephansdom ein junger Mann im Fred Feuerstein Kostüm um meine Unterwäsche bat, erkannten wir rechtzeitig die Not der Stunde und flüchteten in ein Lokal. 

Eines nehme ich aber mit. Und zwar, dass eine auffällig hohe Anzahl an Männern der jungen Braut vor allem eins mit auf den Weg gaben: „Überleg‘ da des guad!“.

© Eiki