Freitag, 13. Januar 2012

Ghettoblaster


Einmal mehr wende ich mich einem sich rasant vermehrenden Phänomen der Wiener Gesellschaft zu: dem Musikhören in der Öffentlichkeit via Handy oder Ipod. Und zwar ohne Kopfhörer.

So komme ich mittlerweile in immer regelmäßiger werdenden Abständen in den Genuss in der U-Bahn umgeben von lauter Gangstashit-Musik von Station zu Station zu fahren und das Kopfschütteln der umliegenden Menschen zu begutachten. Interessanterweise scheinen vor allem jene Zeitgenossen, die Songs nach Anzahl und Häufigkeit der verwendeten Schimpfwörter auswählen, das dringende Bedürfnis zu hegen, ihre Lieder an den Mann zu bringen.

Was Menschen genau dazu bewegt ihrer musikalischen Leidenschaft in der Öffentlichkeit nachgehen ohne Kopfhörer zu verwenden, blieb mir bisher verborgen. Vormals als gemeinsames Musikhören in der Gruppe zumindest halbwegs rational vertretbar, findet man inzwischen immer mehr Einzelgänger, die ihre sagen wir einmal intellektuell weniger wertvolle Musik angeregt im Takt wippend in der U-Bahn darbieten. 

Besonders ansprechend ist übrigens ein Live-Remix. Dies geschieht immer dann, wenn zwei der Musik-Lauthörer aufeinander treffen und keiner nachgeben will. So verbrachte ich erst letzte Woche mehrere Stationen mit dem Gefühl direkt im nächsten Gangsta-Battle zu sitzen und wurde nur mit großem Glück kein aktiver Teilnehmer der darauffolgenden Schlägerei. 

Liebe Mitmenschen, die ihr für meine umfassende auditive Begeisterung sorgt: Können wir uns vielleicht darauf einigen, andere Leute mit dem eigenen Musikgeschmack nicht zwangszubeglücken? Ich lese ja auch nicht lautstark aus der Zeitung vor, während ich in der Bim sitze, gurgle klanglich ansprechend mit meinem Morgentee oder  trage meinen Ohrwurm in akustischer Vielfalt im 13A vor. 

Naja, vielleicht mach‘ ichs einfach beim nächsten Mal… 

© Eiki