Sonntag, 21. August 2011

Bitte lächeln!


Ich finde, Fotos sind etwas Schönes und es ist gut, Momente festzuhalten. Aber es gibt Grenzen. 

Die Strapazen des Fotografiert-Werdens kennen wir ja. 08/15-Grinser aufgesetzt, das Beste hoffen, Kamera geht nicht, Gesicht schläft ein, Haltung schmerzt und wenn‘s dann blitzt sind genau die Augen zu. Unangenehm, aber was willst machen. 

Viel schlimmer finde ich aber, was einige Menschen in ihrer Freizeit und im Urlaub betreiben. Der Sonnenuntergang wird so oft abgelichtet, dass man bereits ein ansprechendes Daumenkino zu Stande bringen würde. Zur Sicherheit wird das gerade am Auto vorbeigelaufene Eichhörnchen 17x fotografiert, so besondere und seltene Tiere sind das aber sicherlich wert. Jedes Essen im Restaurant wird festgehalten und wie zuletzt beobachtet, ist auch das fehlende Klopapier am Raststations-WC einen Schnappschuss wert.

Fotografieren ist mittlerweile eine mit Urlauben fast unumgänglich verbundene Tätigkeit – und das nicht nur unter Japanern. So verbringt man wertvolle Urlaubsstunden damit, den Moment möglichst real abzubilden, damit man dann zuhause allen – egal ob es sie interessiert – zeigen kann, wie toll es nicht war. Die Grenze zum Wahnsinn verschwimmt oftmals. Da ich aber Großteils ein Vertreter der „jeder, wie er glaubt“-Auffassung bin, schienen mir Menschen, die alles ständig fotografieren müssen, als erträglich und eigentlich e arm. Aber nun wird es mir langsam zu viel.

Bei immer mehr Sehenswürdigkeiten kommt man als Tourist nun zum Handkuss und muss, bevor man rein steigt / rauf geht / mit fährt, etc. ein Foto machen. Selbiges kann man dann beim Verlassen um umgerechnet ca. 20€ erstehen. So wurde ich gestern beim Betreten einer Seilbahn zwangsbeglückt und um meinen Standard-Grinser gebeten. Hätte ich das Foto gekauft, könnte ich mich jetzt immer daran erinnern, dass ich beim Einsteigen in die Seilbahn kurz beim Blitzen die Augen zu hatte. Schade. 

Zuletzt wurde ich in einer Achterbahn gemeinsam mit meinen Mitfahrern beim Start fotografiert. Dass die Bahn mit 100km/h wegfuhr und sich daher bei allen Gästen Haare, Kleidung, Gesichtshaut und Lider nach hinten verschoben und man am Foto durchaus Ähnlichkeit mit Michael Jackson (Gott habe ihn selig) aufwies, sei nur am Rande angemerkt. 

Auch beim abendlichen Ausgehen ist es mittlerweile Gang und Gebe ständig gefragt zu werden, ob man ein Foto will. Aber sind wir uns doch ehrlich: wenn ein Abend schön war, erinnern wir uns gerne daran. Wenn wir uns aber – warum auch immer – nicht mehr soo gut daran erinnern können, dann sind wir doch hin und wieder gar nicht so unglücklich, wenn es ein Foto auch nicht tut, oder? 

© Eiki