Samstag, 2. April 2011

Wienerisch für Anfänger II


Willkommen zur zweiten Einheit von „Wienerisch für Anfänger“! In regem Leserfeedback bezüglich unterschiedlicher wienerischer Äußerungen wurden mir zahlreiche Anregungen zu Äußerungen übermittelt, die der ambitionierte Wienerisch-Lerner allenfalls beherrschen sollte.

Schau ma mal:

Der absolute Klassiker und die Nummer 1 unter den wienerischen Äußerungen - quasi das   „Must-Have“ der nächsten Sprachkollektion gesehen. Wir Wiener schauen für unser Leben gern. Und am allerliebsten schau ma mal! Über die Bedeutung von „schau ma mal“ gehen die Meinungen auseinander, die einzig Wahre wird wohl nicht so schnell gefunden werden, ist doch auch hier der Interpretationsspielraum enorm. Allerdings ist ein gut gesetztes „schau ma mal“ so bedeutungsschwanger wie selten eine andere Floskel. Beispielsweise können mit einem freundlichen „schau ma mal“ unerwünschte Treffen und Tätigkeiten bis in die Unendlichkeit hinausgezögert werden. Das Beherrschen ist in jedem Fall essentiell.

i e a:

Drei kleine Buchstaben und so viel dahinter! Dieses eselslautähnliche sprachliche Phänomen bedeutet so viel wie „ich freilich ebenso“ und ist unter Zeitmangel eine willkommene Sparmaßnahme um überschüssige Silben zu vermeiden. Hier beweisen Wiener wieder einmal ihre Gabe, fast lyrisch klingende Reaktionen, welche sonst operettenartige Mundbewegungen verlangen würden, auf ein effizientes Minimum zu beschränken. Überlegenswert wäre nach diesem Vorbild die generelle Abschaffung einiger Konsonanten. Nicht zuletzt um auch die Ergebnisse Österreichs bei PISA-Studien deutlich zu verbessern.

Geh kumm!:

Als letzte Äußerung sei „Geh kumm!“ behandelt, welche schon bei so manchen Nicht-Wiener zur naiven Reaktion „Wohin?“ geführt hat. Wiener beabsichtigen mit einem zumeist leicht schnaufend artikulierten „geh kumm“ allerdings keinesfalls, dass sich ihr Gegenüber näher begeben soll geschweige denn wollen sie vom Gegenüber irgendwohin begleitet werden. Das genaue Gegenteil ist der Fall, da der Wiener (wieder einmal) seine Genervtheit zum Ausdruck bringen will und sein Gegenüber zu einer zeitnahen umfassenden Verhaltensänderung auffordern möchte. Oft findet man „geh kumm“ auch in ganzen Sätzen, welche die wahre Bedeutung besser zu Tage bringen. Landläufige Beispiele hierfür sind “…moch ka Theater“ oder „…drah ned eine!“.

Im Interesse aller ersuche ich Sie hier wieder, von man muss fast sagen „eingedeutschten“ Versionen der eben beschriebenen Äußerungen abzusehen und freue mich schon, Sie bei der nächsten Einheit begrüßen zu dürfen. Ich denke bereits eine Art Vokabeltest an. Aufdrängen würde sich hier das Thema Würschtlstand, mit sämtlichen Vokabeln von „Burnheidl“ bis „Eitrige“. Hawidere.

© Eiki