Dienstag, 22. März 2011

Wienerisch für Anfänger


Im gestrigen Gespräch mit einem deutschen Freund wurde mir wieder einmal bewusst, wie schwierig es teilweise für unsere Nachbarn aus Deutschland ist, das Wienerische zu verstehen. Und das, obwohl unsere deutschen Nachbarn doch ausgezeichnet der deutschen Sprache mächtig sind. 

Hier ein paar Iaufklärende Worte zu drei typisch wienerischen Äußerungen:

„Des is jo des“:
Selten gibt es nichtssagendere Aussagen als “des is jo des”. Das Praktische an dieser Äußerung ist ihre universelle Einsetzbarkeit. Fällt einem keine Antwort ein, so beschränkt man sich gerne darauf, einfach mit „des is jo des“ zu reagieren. Deshalb hat diese Äußerung auch eine umfassende Interpretationsspannweite, die von „Ganz genau, du triffst die mich bewegende Problematik genau auf den Punkt“ über „Auch ich sehe die rückläufige Akzeptanz österreichischer Politiker als ausschlagenden Faktor für die schlechte Wahlbeteiligung“ bis zu „Ich verstehe kein Wort von dem was du sprichst, muss noch einkaufen gehen und außerdem fängt gleich Barbara Karlich an.“ reicht. Sollte Ihnen ein „des is jo des“ entgegen geschmettert werden, so bleiben Sie ruhig und warten Sie ab. Dann ist Ihr Gegenüber nämlich zu einer genaueren Befindlichkeitsbekanntgabe verpflichtet. Funktioniert immer!

„Geh schleich di!“:
Sollten Sie in einem Gespräch die Reaktion „geh schleich di!“ bekommen: keine Sorge! Niemand möchte, dass Sie sich entfernen! Ihr Gegenüber will nämlich zumeist lediglich die persönliche Bestürzung und Verwunderung zum Ausdruck bringen und kann dies häufig am besten durch ein mit der schnellen Einnahme einer leichten Rückenlage verbundenen „geh schleich di!“. Fahren Sie in diesem Fall einfach zügig mit Ihren Ausführungen fort! Wir Wiener haben teilweise einen ausgeprägten Hang zur Sensationsgeilheit und hören gerne packende Stories aller Art. Man munkelt das ist vor allem dann der Fall wenn dabei irgendwer zu Schaden gekommen ist. Ist erst mal ein überraschtes „geh schleich di!“ aus uns heraus gekitzelt, haben Sie unsere volle Aufmerksamkeit!

„Na no na ned“:
Wienerisch kann extrem tückisch sein! Hat man erst mal die Unterschiede zwischen „Na!“ (Nein), „Na Na!“ (Nein, nein, keine Sorge), „Naaaa!“ (Nein! Das gibt’s doch nicht!) und „Naa-aa!“ (Nein, und jetzt bitte nerv nicht!) kapiert, folgt schon der nächste Hammer: „na no na“ und „na no na ned“.
„Na no na!“ bedeutet so viel wie: „Na sicher, was glaubst du denn?“ oder „Klar! Schau ich aus als wär ich deppat?“ und ist oft mit rollenden Augen, Schnaufen oder einem Kopfschütteln kombiniert. Und „Na no na ned!“ hat – korrigieren Sie mich bitte, liebe Wiener-, obwohl es verneint ist, genau die gleiche Bedeutung (hier biss sich schon so mancher Sprachwissenschaftler die Zähne aus!). Auch in diesem Fall ist die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten breit, am besten bewährte sich jedoch ein gediegenes „Na no na ned!“ auf Fragen aller Art, am besten, wenn man sich vom Gegenüber durch die Frage leicht genervt fühlt.

Zum Schluss ein kleiner Tipp: Bitte sehen Sie davon ab, die wienerischen Aussagen selbst zu gebrauchen, wenn Sie nicht mindestens Sprachniveau C1 im Wienerischen erreicht haben. Ein gut gemeintes „Ja, das ist ja das!“ hat nur die halbe Wirkung, ein „Gehe, schleiche dich!“ kann missverstanden werden und ganz ehrlich: zu „nein nein nein nicht“ brauch ich ja wohl gar nicht erst was zu sagen, oder?

© Eiki