Donnerstag, 24. Februar 2011

Ornithophilie einmal anders

Dieser Tage hört man schon das eine oder andere erquickende Vogelgezwitscher aus den Baumwipfeln, zumindest von den bei -8°C noch nicht vom Ast gefallenen Kämpfern. Selbiges lässt so unglaublich es derzeit auch erscheinen mag, nun doch den Frühling erwarten.

Aber darüber schreibe ich jetzt sicher nicht! Ich schreibe viel lieber über die geschätzten 8.000 Artgenossen der Zwitscherer: die Tauben der 49er Station Leyserstraße, die unerklärlicherweise den ganzen Winter gleich gegenüber überlebt haben. Jeden Morgen, wenn ich mir im Venedig-Style meinen Weg durch den jeglichen Respekt vor Jahren verloren habenden Taubenschwarm bahne, stelle ich mir dieselbe Frage. Wie haben sie es wohl diesmal wieder geschafft am Asphalt, der bis auf einige der „Nimm-Ein-Sackerl-Für-Mein-Gackerl-Kampagne“ entkommenen Hundstrümmerln nur wenig hergibt, ihre Nahrung zu beziehen? Gestern war mir das Glück hold und ich durfte sie kennen lernen, die Mutter Theresa der Wiener Tauben: Gitti.

Ich erwischte sie gerade, als sie sich im Supermarkt vor den Schweinsinnereien mit einem Ripperl einordnenden Mitarbeiter unterhielt und ihm erfreut aus ihrem Tauben-Hüter-Leben berichtete. Nicht nur informierte sie ihn über ihre regelmäßigen Fütterungsbesuche im Taubenschwarm (3x täglich – also quasi Vollpension), sondern auch über die ausgewogene Ernährung auf die sie achtete. Den schiefen Seitenblick des Supermarktangestellten als interessierte Zustimmung deutend begann sie sich über das vor 3 Monaten aufgestellte Schild „Wer Tauben füttert, füttert Ratten!“ zu mokieren, gebe sie doch immer besonders Acht darauf, dass alle brav aufaßen. Die erstaunte Frage eines älteren Passanten, ob sie jetzt schon wieder etwas für diese (Zitat) „Grindsviecher“ kaufe, schmetterte sie mit einem Schnaufen ab, griff demonstrativ zur sechsten Packung Schweinsgrammelfett für ihre Schätzchen und zog erbost mit dem vogelfuttergefüllten Wagerl Richtung Brotabteilung und ich hinterher.

Bei der Theke angekommen, blickte sie zunächst verwirrt in die Vitrine. Als sie die Verkäuferin im perfekten Deutsch mit osteuropäischem Akzent höflich fragte, was sie denn für sie tun könne, packte Gitti wütend ihr Wagerl und rief angewidert: „Pah, das gibt’s ned! Nur Tschuschn hackln do!“. Auf meine Frage, warum es denn für sie einen Unterschied mache, welcher Nationalität die Brotverkäuferin angehörte, wusste sie leider keine Antwort.

Ich habe zwei Erkenntnisse gewonnen.
1: Schlimm, dass es tatsächlich Menschen gibt, denen das Wohl von Tauben wichtiger ist als ein respektvoller Umgang mit Mitmenschen anderer Nationalität.
2: Scheinbar sind alle Tauben Österreicher… hab ich mir e irgendwie gedacht.

Und falls Sie Probleme wie das eben angesprochene so gar nicht interessieren, habe ich noch etwas für Sie! Der Standard berichtete dieser Tage sensationsorientiert und prioritätensetzend wie nie, dass Forschungen nun endlich ergeben hätten, dass Ötzi braune Augen hatte! Na wenn ich Sie mit grundlosem Ausländerhass nicht fangen konnte, dann aber jetzt!

© Eiki