Mittwoch, 5. Januar 2011

Ode an das Hochfahren

Also ich find, das Schönste – das mit Abstand Schönste – in der Früh, wenn man frisch unausgeschlafen und vom alle anderen Menschen in der U-Bahn ignorieren und doch beobachten schon richtig geschafft ist, ist, wenn man in seinem Zimmer im Büro ankommt und gleich einmal den PC einschaltet. Man tut dies in weiser Voraussicht, denn der alte Herr und seine neue Version eigentlich auch, die brauchen nämlich eine gewisse Zeit zum Hochfahren. 

Ich persönlich bin ja besonders schlau und schalt ihn sogar noch vor dem Mantelausziehen ein um wertvolle Sekunden zu sparen und in die Bestwertung bei der ersten Zwischenzeit zu kommen. Um meine Effizienz frei nach dem Motto „höchste Qualität in jeder Lebenslage“ ins Unermessliche zu steigern, habe ich bereits sämtliche Morgenaktivitäten auf das Hochfahren optimal abgestimmt. Ich würde vorschlagen, geh ma’s allenfalls kurz durch. 

Wie bereits angesprochen haste ich schnellen Schrittes vom Eingang in mein Zimmer und drücke eiligst den Knopf auf der Docking-Station. Aber Achtung – hier gibt es die erste Challenge! Man muss wertvolle Sekunden investieren, da der Knopf nicht sofort reagiert – Sekunden, die man aber später bei der Mittagspause freilich abziehen kann. Nun kommt der Jackenpart: möglichst gekonnt (am besten gleich beim Reingehen oder im Aufzug die Jackenknöpfe aufmachen um Zeit zu sparen) die Jacke ausziehen und somit erste Hitzewallungen abwenden. 

Zeit hat man dafür ungefähr 5sek, denn dann geht es schon ans erste Einloggen mit dem PointSec-Passwort. Genießer geben sowohl Namen wie auch Passwort beim ersten Mal richtig ein. Ein Wunder, dem ich leider eher selten beiwohnen kann. Dafür komme ich in den Genuss jeden Tag zu lesen „there have been attempts to log in to your computer“. Gerne würde ich zurückschreiben „heast oida, des wor i e selba!“, halte mich aber bescheiden zurück. Mit dem erfolgreichen Einloggen wird ein schier endloser Prozess gestartet bei dem sich der Computer sehr egoistisch verhält und sich gerne mal etwas Zeit lässt. 

Freilich weiß ich diese Zeit für Teewasser kochen, Nasenbohren, ersten Klogang, verwirrtes Sachen am Tisch herum schieben und Gähnen sinnvoll zu nützen. Was ist das für ein Hochgefühl, wenn der Desktop dann endlich erscheint – doch plötzlich „Worksystem starting…“. Meine zitternden Hände unterm Tisch versteckend blicke ich bangend auf den Bildschirm und stelle mir innerlich die Frage, ob es mein überaus kompetenter PC auch heute schaffen wird, meine Arbeitsprogramme voll mit Fehlern beladen und mindestens 5 Abstürze garantierend hochzufahren. Ganz Mutige klicken bereits kurz nach dem Verschwinden der Sanduhr auf „Start Lotus Notes“… aber das traue ich mich noch nicht so recht. 

© Eiki